Geplante Obsoleszenz bei Epson?: Staatsanwaltschaft prüft Klage gegen Epson wegen verbleibender Tinte in Patronen
Gesetzgebung in Frankreich
Bereits seit 2015 verbietet der französische Gesetzgeber unter Strafe die absichtliche Verkürzung der Lebensdauer von Produkten. Der Tatbestand, welcher unter dem Begriff der geplanten Obsoleszenz bekannt ist, wird dabei im sogenannten "Hamon-Gesetz" (benannt nach dem ehemaligen französischen Staatsminister Benoît Hamon) beschrieben und kann bei Verstößen zu einer Strafe von bis zu zwei Jahren Haft für Verantwortliche führen und mit Geldstrafen zwischen mindestens 300.000 Euro und bis zu fünf Prozent des Jahresumsatzes geahndet werden.
Französischer Verein zum Stopp der geplanten Obsoleszenz "HOP"
Ein französischer Verein names Halte à l'obsolescence programmé, kurz "HOP" hatte bereits im September 2017 eine recht umfangreiche Aufschlüsselung von Ungereimtheiten bei Tintendruckern aufbereitet - insbesondere am Beispiel des Druckerherstellers Epson. Die meisten Vorwürde sollten jedoch gleichermaßen den drei Wettbewerbern Brother, Canon und HP betreffen.
Im Bericht geht es neben Vorwürfen zu überteuerter Tinte über immer kleiner werdende Tintenpatronen bis hin zur Drucker-Meldung, dass einige Teile im Drucker gewartet werden müssten und das Gerät bis dahin angehalten werden muss. Im Detail steht der PDF-Bericht in französischer Sprache zum Download zur Verfügung.
Die Vorwürfe am ausgewählten Beispiel von Epson
Besonderes Augenmerk hat der Verein auf zwei Punkte gelegt, die nach Auffassung von HOP gegen das Gesetz verstoßen. Vor kurzem hat die Staatsanwaltschaft in Nanterre entschieden, der Klage stattzugeben - ein Erfolg für HOP. Denn jetzt liegt es im Ermessen der Staatsanwaltschaft, ob dies unter der Definition für eine "geplante Obsoleszenz" fällt. Zunächst gab diese den Fall an die "Generaldirektion Wettbewerb, Verbraucherfragen und Betrugsbekämpfung" DGCCRF weiter, die dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist. Der Anwalt des Vereins weist weiterhin auch auf eine mögliche Absprache der Hersteller hin, da die "beanstandeten Praktiken bei allen Herstellern aufträten".
Punkt 1 - Patronen werden als leer deklariert, obwohl sie noch Tinte enthalten
Übliche Tintendrucker von Epson nehmen die Entscheidung, wie lange eine (Original-) Patrone genutzt werden kann, in die eigene Hand und lassen die Druckfunktion stoppen, wenn von einer leeren Patrone ausgegangen wird. In der ersten Phase wird dabei die Tintenmenge gezählt, die theoretisch aus der Patrone gezogen wurde. Aufgrund der recht starken Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis greift anschließend (nach DC-Schätzung bei einem Stand von 10 bis 20 Prozent) eine nächste Phase: Der Drucker meldet, dass die Patrone bald leer sein wird und markiert diese auf dem Display oder im Treiber mit einem gelben Ausrufezeichen. Ab diesem Zeitpunkt wird mit einem Piezo-Sensor an der Patrone der Tintenstand einer kleinen Kammer der Kartusche geprüft, durch die die Tinte kurz vor dem Ausgangsventil austritt. Erst wenn hier keine Tinte mehr erkannt wird, wird auf dem Chip der Patrone geschrieben, dass diese leer ist und ein weiterer Druck verhindert.
Andere Hersteller versuchen das über ein Prisma in der Patrone oder über einen Schwimmer zu regeln.
Ärgerlich für viele Benutzer ist in diesem Zusammenhang auch, dass weiterhin kein Schwarz mehr gedruckt werden kann, wenn nur eine der drei Grundfarben leer ist. Der Hintergrund ist, dass ein Tintendruckkopf von Zeit zu Zeit gewartet werden muss, und dabei Tinte durch alle Düsen gefeuert wird, welche dann in einem Resttintenvlies (später mehr dazu) gespült wird. Dies ist jedoch erst mal nicht Teil der Klage.
Der Verein und viele Benutzer stören sich daran, dass als leer markierte Patronen noch immer etwas Tinte enthalten, welche ungenutzt entsorgt werden muss. Nach Einschätzung von HOP fordert Epson zu früh, die Patrone zu tauschen - somit habe der Kunde keine Chance mehr, die verbleibende Resttinte in den Kartuschen zu nutzen.
Epson selbst argumentierte stets, dass nicht die enthaltene oder davon verbrauchte Tinte für den Kunden relevant ist, sondern die erzielte Reichweite. Bereits seit weit über zehn Jahren ist in der Norm ISO/IEC 24711 festgeschrieben, wie die Lebensdauer von Tintenkartuschen gemessen wird. Dabei wird ein fünfseitiges Text- und Grafikdokument solange gedruckt, bis jede Patrone mindestens drei mal getauscht werden muss. Die Reichweite wird dann durch Mittlung berechnet.
Von diesem Ansatz her ist es sicherlich unerheblich, ob nach dem Druck der spezifizierten Reichweite technologisch bedingt noch Tinte in den Patronen verbleibt. Es ist jedoch zu hinterfragen, ob die Resttinte einer jeden Patrone nach dem Druck nach ISO-Messung von dem bei der täglichen Nutzung über einen insgesamt deutlich längeren Zeitpunkt unterscheidet. Fakt ist, dass die Reichweite in der Praxis nicht nur durch einen höheren Druckauftrag abweicht, sondern auch aufgrund durchgeführter automatischer oder manueller Reinigungen bei Düsenausfällen unterscheidet.
Das Ermitteln, ob die erzielte Reichweite der Angabe des Herstellers entspricht, ist damit in der Praxis kaum möglich. Das Gefühl, dass dem nicht so ist, ist aufgrund von hohen Preisen für Kartuschen mit oftmals nur geringer Reichweite in vielen Fällen vorhanden.
Punkt 2 - Resttintenbehälter
Prinzipbedingt müssen Tintendrucker ihren Druckkopf bei längerer Nichtnutzung durchspülen, um einen möglichst unterbrechungsfreien Druck zu gewährleisten. Auch bei Düsenausfällen muss diese Prozedur durch eine manuellen Auslösung durchgeführt werden und führt dazu, dass eine gewisse Menge von Resttinte anfällt. In der Regel wird diese in ein Wattepad ins Druckerinnere gepumpt und führt irgendwann dazu, dass dieser voll ist. Grundsätzlich wird dies von HOP nicht kritisiert und sogar als technisch begründet angesehen.
Ähnlich bei der "Messung" des Patronenstandes gibt es hierfür jedoch in aller Regel keinerlei Sensoren, wodurch der Drucker die Menge an Tinte, die ins Vlies gepumpt wurde, lediglich schätzt. Dies wird jedoch nicht etwa über eine Zeitschaltung geregelt, sondern über die festgelegte Menge an Tinte, die bei verschiedenen Reinigungsstufen anfällt. Zusätzlich gibt es hier einen gewissen Puffer, der sicherstellt, dass das Vlies auf keinen Fall überläuft und somit Tinte aus dem Gerät austreten kann.
In der Klageschrift moniert HOP, dass ein als voll gemeldeter Resttintenbehälter noch längst nicht seine Kapazität erreicht hat, und in den meisten Fällen das "5 bis 6fache" an Tinte aufnehmen könnte. Selbst wenn man bei vielen Epson-Druckern den Resttintenbehälter für 10 bis 20 Euro selbst und unproblematisch austauschen kann, wird jedoch verlangt, dass dieser erst zum tatsächlich nötigen Zeitpunkt durchgeführt werden soll.
Absprache der Hersteller untereinander
Aufgrund der ähnlichen Funktionsweise von Patronen und Resttintentanks von Brother, Canon und HP geht der Verein davon aus, dass sich die Hersteller untereinander abgesprochen haben und die Funktionsweise bewusst so gewählt haben.
Druckerchannel meint
Die Vorwürfe gegenüber Herstellern von Tintendruckern sind nicht neu. In der Vergangenheit hat man sich vor allem auf das bloße Vorhandensein von integrierten Resttintenbehältern konzentriert und dies oftmals als reine Schikane angesehen. Wie bereits der Verein HOP anerkennt, ist auch Druckerchannel der Meinung, dass diese jedoch technisch kaum zu bemängeln ist.
Nachweis schwierig
Aufgrund der Gesetzeslage versucht man daher nachzuweisen, dass das Vlies zu früh getauscht werden soll - und das ist mit Sicherheit auch der Fall - muss es aber laut Begründung der Druckerhersteller auch sein, um ein überlaufen auszuschließen. Aus unserer Sicht wäre es daher deutlich zielführender, wenn diese entweder so groß konzipiert sind, dass auch bei höheren Druckaufkommen kein Wechsel mehr ansteht, oder noch besser, dieser durch den Benutzer zu günstigen Konditionen gewechselt werden kann. Und genau das ist bei vielen Epson-Modellen schon jetzt möglich. Beim günstigen Expression Premium XP-6000 kostet der Wechsel rund 10 Euro und soll dann für viele tausend Seiten Ruhe bringen.
"Teurer als Chanel No. 5"
Zum Thema Tintenpatronen sollte man grundsätzlich die Diskussion versachlichen und von vergleichen mit Champagner, Parfüm oder auch Gold absehen. Man kauft eine Tintenpatrone mit einer definierten Reichweite. Nur wenn die versprochene Reichweite nicht erreicht wird, macht es Sinn, den nächsten Schritt zu gehen. Wie viel Tinte in der Kartusche enthalten war oder sogar noch übrig bleibt, sollte dabei unerheblich sein. Man hat die Reste genau wie auch die vielen Plastik- und Elektronikteile an der Patrone mit bezahlt und kann diese auch nicht weiter verwerten.
Falls Epson es schaffen würde, die verbleibenden Tinte in den Patronen zu reduzieren, würde dies wohl ohnehin kaum dem Kunden zugute kommen, sondern zu einer entsprechend geringeren Befüllung beim Produktionsprozess führen. Abgesehen von Großformatdruckern verkauft man schließlich Kartuschen mit einer definierten Reichweite, nicht mit einem Volumen.
Sparen am Material
Kritikpunkte gegenüber den Herstellern von Druckern im allgemeinen gibt es dagegen sicherlich genug. Wer ärgert sich nicht über viel zu kleine Farbkartuschen in großen Plastikbehältern zu horrenden Preisen. Auch Elektronikausfälle, wie Canons berühmter "B200" aber auch Epsons "0x97" scheinen immer gehäufter aufzutreten. Ebenfalls die Frage, wie viel automatische Reinigungen bei einem Tintendrucker tatsächlich nötig sind, kann man sich stellen - hier bleibt einem kaum mehr übrig als den Routinen der Hersteller zu trauen.
Drucker äußerst billig
Auch der Käufer eines Druckers sollte sich darüber im Klaren sein, dass der Hersteller irgendwo sein Geld verdienen möchte. Bei Verkaufspreisen inklusive Versandkosten von unter 45 Euro bleibt "nicht viel" übrig. Allein die Urheberrechtsabgaben liegen bei 12 Euro für einen Multifunktions-Tintendrucker, darauf kommt die Mehrwertsteuer, die Gewinnmarge vom Händler und auch Lager und Versandkosten. Die Nachfrage nach immer günstigeren Produkten führt unweigerlich dazu, dass die Hersteller kreativ dabei sind, sich ihr Geld über etwas weniger offensichtliche Dinge hereinzuholen. Und das sind bei Druckern die Verbrauchsmaterialien. Gleichermaßen wird dann auch versucht, die Materialkosten zu reduzieren, um die mageren Gewinne beim Geräteverkauf zu steigern. Ein günstiger Drucker darf dabei selbstverständlich keine Entschuldigung sein, einen künstlichen Verschleiß von Bauteilen oder eben Verbrauchsmaterialien vorzutäuschen.
Keine Probleme beim Laserdruck?
Auch wenn bei diesem Verfahren lediglich Hersteller von Tintendruckern angegangen werden, gilt, dass besonders auch günstige Farblaser extrem hohe Folgekosten verursachen und in diesem Fällen oftmals keine gute Alternative darstellen. Druckerchannel geht bei jeder Neuvorstellung von Druckern aller Art besonders auf die Folgekosten (nach ISO) ein und ordnete diese im Vergleich ein.
Teurer Drucker, günstige Tinte
Transparenter ist sicherlich auch die durch Epson forcierte Einführung von Tintentank-Druckern der Ecotank-Serie oder auch Canons Pixma-G-Serie - konkurrenzlos günstige Folgekosten bei deutlich höheren Einstandspreisen für die Drucker selbst.