Responsible Business Alliance (RBA): Unternehmensführung mit sozioökologischer Verantwortung
In einem Marktumfeld, in dem sich die Produkte der verschiedenen Hersteller in ihren Funktionen und dem Nutzen immer weiter angleichen, sucht man sich andere Möglichkeiten, sich voneinander abzugrenzen. Hoch im Kurs sind dabei Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Wer möchte schon einen Drucker oder Scanner kaufen, dessen Produktion (und Betrieb) die Umweltstark stark belastet und durch Kinderarbeit entstanden ist?
Diese und andere Themen fallen unter die Begrifflichkeit "Corporate Social Responsibility", also zu Deutsch "gesellschaftliche Unternehmensverantwortung" oder abgekürzt CSR. Nur: Wer definiert oder bestimmt was gut und was schlecht ist? Genau für diesen Zweck gibt es mehr oder weniger seriöse Organisationen, die das versuchen einzuordnen und in eine Bewertungsskala zu bringen.
Unter den Herstellern von elektronischen Produkten hat sich 2017 die gemeinnützige Koalition "Responsible Business Alliance" (nachfolgend kurz RBA) gebildet, die sich dem Thema annehmen möchte. Im Vordergrund steht ein verantwortungsvolles Handeln in nachhaltigen und sozialen Fragen.
Mit derzeit über 600 Mitgliedsunternehmen ist es der weltweit größte Zusammenschluss seiner Art. Dieser steht für einen Jahresumsatz von über acht Billionen US-Dollar (derzeit rund 6.860 Mrd. Euro), welcher durch rund 21,5 Millionen Mitarbeiter in mehr als 120 Ländern erbracht wird. Die RBA finanziert sich weitgehend durch Mitgliedsbeiträge der teilnehmenden Unternehmen und arbeitet nicht gewinnorientiert.
Verhaltenskodex
Das Kernstück bei der RBA ist der Verhaltenskodex, der sogenannte "code of conduct". In diesem sind die Standards festgelegt, die das Wohlergehen von Arbeitnehmern in der gesamten Lieferkette bis zum Kunden sicherstellen sollen. Alles Hand in Hand in einer umweltverträglichen und "ethisch sauberen" Art und Weise.
Die Verhaltensregeln basieren auf international anerkannten Standards und Erklärungen. Dazu gehören die OECD-Leitsätze (für multinationale Unternehmen), die UN-Leitprinzipien (für Wirtschaft und Menschenrechte)
, die ILO-Erklärung (über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit)
, die ILO-Konventionen
sowie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN
.
Unternehmen, die sich der RBA anschließen, verpflichten sich, auf die gesetzten Ziele hinzuarbeiten. Von selbst versteht sich die Absicht, bei allen Aktivitäten in voller Übereinstimmung mit geltenden Gesetzen, Regeln und Vorschriften zu agieren.
Im Rahmen von regelmäßigen Kontrollen "Audits" wird der aktuelle Stand ermittelt und bei Erfüllung sämtlicher Kriterien der Platin-Status vergeben – dies ist derzeit jedoch eher selten der Fall.
Der Kodex selbst wird in der Regel in einem Drei-Jahres-Rhythmus angepasst und liegt, Stand heute, in der Version 8.0 vom Januar 2024 vor.
Abgedeckte Themengebiete
Der Verhaltenskodex selbst ist in mehrere Themenkomplexe unterteilt. Diese finden sowohl im eigenen Unternehmen als auch, wie bereits erwähnt, zudem in der gesamten Lieferkette Anwendung. Die nachfolgenden Beschreibungen geben lediglich einen groben Überblick aller Anforderungen in verkürzter Form wieder.
Der erste Abschnitt beschreibt dabei das für diesen Zweck installierte "Management". Dieses muss sicherstellen, dass die Maßgaben nicht nur intern vermittelt werden, sondern auch an direkte und indirekte Zulieferer (nachdrücklich) weitergereicht werden.
Der Abschnitt "Arbeit" enthält in wesentlichen Punkten die Einhaltung des Verbots von Zwangs- und Kinderarbeit. Arbeitnehmer dürfen nicht diskriminiert werden und sollen bei gleicher Qualifikation und Aufgabe gleich bezahlt werden.
Der Abschnitt "Gesundheit & Sicherheit" beschreibt Standards für die Unversehrtheit von Arbeitnehmern, die immer an erster Stelle steht. Gefahren am Arbeitsplatz sollen auf ein Minimum reduziert werden und die Arbeitnehmer sollen stets über mögliche (negative) Auswirkungen aufgeklärt werden. Wenn Risiken nicht mit einem annehmbaren Aufwand ausgeräumt werden können, ist eine Schutzausrüstung zu stellen.
Der Abschnitt "Umweltschutz" stellt klar, dass die Anerkennung der Verantwortung gegenüber der Umwelt ein essenzieller Aspekt in der Produktion ist. Dazu gehört nicht nur die Schonung von natürlichen Ressourcen, sondern auch der auf ein Minimum reduzierte Einsatz von gefährlichen und schädlichen Substanzen. Ähnlich gilt dies auch für den Wasserverbrauch, Abfälle im Allgemeinen und den Ausstoß von Treibhausgasen.
Der Abschnitt "Ethik" beschreibt die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs sowie den gegenseitigen Respekt von geistigem Eigentum. Für sämtliche Formen von Bestechung, Korruption, Erpressung und Unterschlagung muss eine Nulltoleranzstrategie gelten.
Audits
Dem Verhaltenskodex mit seinen Zielsetzungen folgend werden in regelmäßigen Abständen und für jeden Produktionsstandort separat sogenannte Audits durchgeführt. Diese finden im Rahmen des "Validated Assessment Program ("Validiertes Bewertungsprogramm", kurz VAP) statt.
Dieses überprüft den aktuellen Stand der Umsetzung des Kodex und setzt diesen in eine Bewertungsskala, die bis zu 200 VAP-Punkte reicht.
Die Audits werden nicht von der RBA selbst oder deren Mitgliedsunternehmen, sondern durch zertifizierte Dritte durchgeführt. Weltweit sind dazu nach derzeitigem Stand 17 Unternehmen in der Lage – darunter in Deutschland der TÜV Rheinland sowie der TÜV Süd. Der Ablauf eines Audits ist immer zweistufig. Man geht zunächst davon aus, dass in einer "initialen Bewertung" Abweichungen zum Verhaltenskodex "aufgedeckt" oder ermittelt werden. Diese werden dabei in eine der drei Kategorien eingeordnet: Wesentliche (priority), Größere (major) und kleinere (minor) Mängel.
Jedes Unternehmen hat am geprüften Standort die Möglichkeit, erkannte Mängel innerhalb einer Frist wirksam abzustellen. Erst in einem weiteren Audit wird eine Nachkontrolle durchgeführt und somit dann die Abschluss-Bewertung festgelegt.
Auszeichnungen (Status)
In Abhängigkeit vom Ausgang kann im Rahmen der Bewertung ein herausragender RBA-Status vergeben werden. Dieser gilt immer nur für den betrachteten Standort.
Die höchste Auszeichnung stellt der "RBA Platinum-Status" (Platin) dar. Diesen gibt es für eine Abschluss-Bewertung frei von Mängeln und den vollen 200 Punkten. Für einen Goldstatus bedarf es mindestens 180 Punkten, sowie die Behebung sämtlicher Mängel. Für den Silber-Status reichen bereits 160 Punkte und die Behebung aller dringenden Mängel.
Ein vergebener Status gilt für 18 Monate nach dem Audit. Anschließend ist eine erneute Bewertung notwendig.
Im Jahr 2023 ergab sich nach fast 2.000 Audits ein Mittelwert von rund 176 Punkten und somit bestenfalls dem "Silver-Status“, wenn dann alle dazu nötigen Mängel abgestellt werden konnten.
Kritik
Klingt alles toll: Unternehmen, deren Produktionsstandorte mit einem "Platin" ausgezeichnet wurden, haben offenbar alles richtig gemacht. Voll Punktzahl - kein Grund für Kritik, oder? So einfach ist das leider nicht.
Zunächst kann man positiv anmerken, dass sich überhaupt etwas tut. Vorteilhaft ist sicherlich auch, dass die gesetzten Standards auch für alle internen oder externen Zulieferer gelten. Das bedeutet also, dass sich auch diese an die gleichen Regeln halten müssen.
Die größten Kritikpunkte sind bereits offensichtlich im Verhaltenskodex selbst zu finden. In der Regel geht es oftmals schon in Ordnung, wenn sich Unternehmen an die gesetzlichen lokalen Regeln halten und diese nicht umgehen. Das kann und darf also auch bedeuten, dass 60 Wochenarbeitsstunden in Ordnung sind und ein freier Tag nach 6 Tagen ausreicht. Immerhin sind Überstunden bereits inbegriffen. Auch beim Einkommen gilt, dass man sich im Wesentlichen an die lokalen Mindestlöhne halten muss. Immerhin gilt der Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit".
Zu den häufigen Kritikpunkten (z.B. von der Schweizer Nonprofit-Organisation Solidar Suisse, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt) gehört auch, dass es sich bei der RBA um eine Initiative aus der Industrie selbst handelt. Der Verwaltungsrat
ist überwiegend mit Führungsskräften aus den Mitgliedsunternehmen
selbst besetzt. Eine Vertretung von Arbeitnehmern gibt es nicht.
Auch die Art der Finanzierung der RBA allein durch Mitgliedsbeiträge kann als Interessenkonflikt angesehen werden. Unklar ist, was tatsächlich mit Unternehmen passiert, die gegen die grundlegende Idee hinter der RBA verstoßen.
Nicht zuletzt werden die Ergebnisse der Audits für Außenstehende nicht veröffentlicht. Sowohl die Methodik als auch die genauen Resultate bleiben unter Verschluss.
Mitglieder unter den Druckerherstellern (Stand 09/2025)
Mir nur wenigen Ausnahmen (z.B. Oki) haben sich alle relevanten Druckerhersteller der RBA angeschlossen. Dies kann in vier Mitgliedstufen erfolgen. Mit jeder erhöhen sich die Verpflichtungen, die man im Rahmen der Initiative eingeht. Über die Höhe der einmaligen oder wiederkehrenden Mitgliedsbeiträge ist uns nichts bekannt.