Brother und Fremdpatronen: Vorwürfe zur Behinderung von Billig-Tonern mit wenig Substanz
Der US-amerikanische Youtuber Louis Rossmann hat gestern mal wieder ein Video mit einem Druckerthema online gestellt. Rossmann selbst ist Reparaturdienstleister und hat einen sehr gut laufenden (und unter Verbrauchern hoch angesehenen) Youtube-Kanal. Seit Jahren moniert er immer wieder die schlechte Reparierbarkeit von elektronischen Produkten.
Während Rossmann in der Vergangenheit besonders stark und häufig (und auch nicht selten zu Unrecht) gegen HP und seine Patronenpolitik (Stichwort "dynamische Sicherheit") geledert hat, knöpft er sich im neuen Video den japanischen Hersteller Brother vor.
Unter dem Titel "Brother turns heel & becomes anti-consumer printer company 😢 😢 😢" (zu Deutsch "Brother macht eine Kehrtwende und wird zum verbraucherfeindlichen Druckerhersteller") wirft er dem viertgrößten Druckerhersteller der Welt vor, dass dieser nun genau so handelt, wie HP bereits seit langer Zeit. Besonders enttäuscht zeigt sich Rossmann, weil er Brother bislang immer wieder als eine Art faire Alternative zu HP angesehen und die Drucker oft empfohlen hat. Aber damit soll nun Schluss sein.
Der Grundtenor des neunminütigen Videos ist, dass nun scheinbar auch Brother damit anfängt, Fremdpatronen durch Firmwareaktualisierungen zu behindern. Als Quelle wird ein Reddit-Post vom Benutzer "20Factorial" aufgeführt, dessen Farb-LED-Drucker, ein Brother MFC-L3760CDW, seit einem Update der Firmware auf Version "W1.56" nicht mehr wie erwartet funktioniert.
Der Benutzer verwendet nach eigenen Angaben bereits seit rund einem Jahr problemlos Tonerkartuschen, die eben nicht von Brother stammen. Erst seit der Aktualisierung weigerte sich der Drucker, sich zu kalibrieren. Unkalibriert kann ein (Farb-) Laserdrucker zwar durchaus noch verwendbar sein, unter Umständen oder sogar wahrscheinlich aber mit falschen Farben oder starken Farbsäumen.
Reaktion von Brother
Daraufhin hat sich "20Factorial" an Brother in den USA gewandt. Dort hat man ihm bestätigt, dass sich der Drucker aufgrund der Tonerkartuschen "die nicht den Qualitätsanforderungen von Brother entsprechen" nicht kalibriert. Im Unklaren bleibt, ob die Kalibrierung gar nicht erst versucht wurde, oder ob diese "einfach nur" fehlschlägt.
Und genau das ist immer das Problem an solchen Einzelmeinungen. Die möglichen Probleme können vielfältig sein. Während Originalmaterialien in der Regel (aber auch nicht immer) gut mit dem Drucker harmonieren, kann dies bei Drittanbietermaterialien unterschiedlich ausfallen. Nicht ausgeschlossen sind auch immer Anwenderfehler. Die Probleme sind in jedem Fall vielschichtig und mitnichten allesamt über einen Kamm zu scheren.
Nun kann man die Aussage vom Brother-Support unterschiedlich auslegen. Es ist alles andere als überraschend, dass ein Originalhersteller sämtliche Probleme zunächst auf die Verwendung von kompatiblen Verbrauchsmaterialien schiebt. Zugleich lässt sich mit der Aussage vom Support auch genau der negative Tenor von Rossmanns Video bestätigen, selbst wenn Brother gar nicht Schuld ist.
Einzelfall? Der Post ist über 3 Jahre alt
Wie dem auch sei. Es ist bei einzelnen Reddit- oder Forenbeiträgen so schnell kaum herauszufinden, was genau passiert ist. Eventuell ist es einfach so, dass die gewählte Zusammensetzung oder Farbmischung für den (offenbar aktualisierten) Mechanismus nicht "geeignet" ist und sich ein modifizierter Algorithmus nun anders entscheidet als bislang.
Logischerweise gehen Hersteller davon aus, dass es sich beim eingesetzten Toner um originalen handelt. Stimmt die Farbmischung beim Druck nicht, schlägt entsprechend die Kalibrierung fehl.
Problematisch wird es erst, wenn genau das die Absicht von Brother war. Vorwürfe aufzustellen ist einfach - der Nachweis nicht immer. Während HP und andere Hersteller, wie Lexmark, offensiv zugeben, dass man Drittanbietermaterialien sperrt oder behindert, gibt es diese Aussage von Brother und anderen Herstellern derzeit nicht. Klar, dass man die Nutzung von originaler Tinte oder originalem Toner empfiehlt und eine korrekte Funktionsweise seiner Drucker nur mit diesen "garantieren" will.
Aber wie sieht es im aktuellen Fall aus? Auffallend ist, dass die einzige Quelle, also der Reddit-Post schon über drei Jahre alt ist. Der genannte MFC-L3750CDW wurde weltweit sehr gut verkauft und zwischenzeitlich ist sogar bereits eine Nachfolgeserie am Markt.
Behindert Brother systematisch Drittanbieter? Wohl eher nicht!
Nach vielen Posts zur Nutzung von Fremdanbieter-Tonern für Brother-Drucker gibt es im Druckerchannel-Forum vergleichsweise wenig bis keine Hinweise darauf, dass der Hersteller in der Vergangenheit oder aktuell die Nutzung aktiv und systematisch behindert. Es ist eher das Gegenteil der Fall.
Anders gelagert sind dagegen Probleme mit Ausfällen oder schlechten Farben bei der Nutzung von einigen Drittanbieter-Materialien.
Auch die Rückfrage bei Händlern von kompatiblen Kartuschen für Brother-Drucker konnte die Aussage nicht stützen. Während es viele negative Rückmeldung in Zusammenhang mit HP-Druckern gibt, sieht dies bei Brother ganz anders aus. Das gilt auch für die Kalibrierung.
Aus Sicht von Druckerchannel sind die Vorwürfe gegenüber Brother an dieser Stelle nicht wirklich stichhaltig und eher als Einzelfall abzuhaken. Habt ihr andere Erfahrungen? Lasst es uns in den Kommentaren zu diesem Artikel wissen!