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Planet Green vs. Amazon: Klage gegen Amazon wegen Fake-Patronen für Canon-Drucker

von Ronny Budzinske

Der US-amerikanische Kartuschen-Aufbereiter "Planet Green" verklagt den Handels-riesen Amazon aufgrund "irreführender Werbung" sowie "unlauterem Wettbewerb" auf dem Markplatz. Der Vorwurf besteht darin, dass Recyclingware angeboten wird, die in Wahrheit keine ist - vielmehr handelt es sich um Nachbauten, die zudem auch Patente verletzten. Interessant auch, warum Canon als Haupt-Betroffener nicht eingegriffen hat.


Diese Klage ist etwas ungewöhnlich. "Normalerweise" sind es die Drucker-Originalhersteller (OEM), die gegen Drittanbieter vor Gericht prozessieren. In den meisten Fällen handelt es sich bei diesen Streitfällen um Patentverletzungen beim Nachbau von Tintenpatronen oder Tonerkartuschen. Anfang des Jahres ist HP zudem auch gegen einige chinesische Anbieter vorgegangen, die ihre Nachbaupatronen in einer "verblüffend" original-wirkenden Verpackung auf den gängigen Online-Marktplätzen angeboten haben.

In dem nun vorliegenden Fall geht es zwar ebenfalls um Nachbauten von Drittanbietern, jedoch klagt mit "Planet Green" ein kalifornisches Unternehmen, welches selbst "nur" Originalkartuschen einsammelt, aufbereitet und dann als "remanufactured" zu einem etwas niedrigeren Preis wieder verkauft. Beklagt werden zudem nicht die Anbieter selbst, sondern Amazon als Plattform für den Marktplatz und in den vorligenden Fällen sogar als Versender der Ware.


Worum geht es? Mit dem Marktplatz bietet Amazon quasi allen Händlern weltweit die Möglichkeit, mit einem recht geringen Aufwand in anderen Märkten gelistet und somit gefunden zu werden. Für viele Kunden ist Amazon die erste Anlaufstelle, wenn Produkte des täglichen Lebens gesucht werden. Ohne ein größeres Werbebudget oder lange Zeit der Etablierung ist es mittlerweile fast unmöglich geworden, seine Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen. Zudem übernimmt Amazon auf Wunsch auch die komplette Logistik samt Versand - dadurch entfallen dann auch der langwierige Versand aus dem Ausland oder sogar Zollgebühren.

Nun können sich Händler nicht nur in bestehende Produktlistungen einklinken und eigene Preise festsetzen, sondern auch selbst Produktangebote mit Beschreibungstexten und Bildern erstellen. Um diese dann in die korrekte Produktkategorie einzusortieren, gibt es strenge Vorschriften. Am Beispiel von Druckerpatronen ist dazu die Angabe einer sogenannten "Kompatibilitätsoption" vorgesehen. Anhand dieses soll es den Kunden einfacher gemacht werden, Originalware von Fremdware zu unterscheiden.

Kompatibilitätsoption bei Druckerkartuschen

  • OEM (Originalware)
  • Aufbereitet (wiederverwendete und aufbereitete Originalware)
  • Kompatibel (in der Regel neu produzierte Patrone durch Drittanbieter)

Käufer, die Geld sparen wollen, greifen gerne zu günstigen Alternativpatronen. Weitgehend unstrittig ist dabei auch, dass aufbereitete ("remanufactured") Kartuschen aus Umweltgesichtspunkten eine gute Wahl sind. Durch die Wiederverwendung von bereits genutzten Originalkartuschen können Ressourcen eingespart werden. Das ist in der Regel deutlich nachhaltiger als ein Recycling - also die bloße stoffliche Wiederverwendung.

Aufwändige Aufbereitung

Nun ist die Aufbereitung von bereits verwendeten Kartuschen nicht nur ziemlich aufwändig, sondern auch entsprechend teuer. Leere Patronen müssen eingesammelt, geprüft, gereinigt, aufgebessert und neu befüllt werden. Das lohnt sich - wenn überhaupt - nur für solche Kartuschen, an denen der Druckkopf fest verklebt ist. Solche werden aktuell fast ausschließlich von Canon und HP angeboten und sind in der Regel mit so vielen Patenten belegt, dass ein Nachbau so gut wie ausgeschlossen ist. Zumal sich durch einen neuen Druckkopf auch die Druckeigenschaften ändern können.

Eine Ausnahme sind lediglich sehr alte Kartuschen (mit geringer Nachfrage), für die mittlerweile die Patente ausgelaufen sind.

Es gibt jedoch Länder, in denen Patente eine nicht "ganz so starke" Rolle spielen, wie in weiten Teilen der restlichen Welt. In erster Linie ist hier China zu nennen. Bereits seit langer Zeit gibt es auf solchen Märkten auch haufenweise Nachbauten von Druckkopfpatronen, die es eigentlich gar nicht gegeben dürfte. In der Regel gelten (theoretisch) auch dort diese Patente.

Und jetzt kommt wieder Amazon ins Spiel. Über den Marktplatz ist es eben ein leichtes, Produkte aller Art zu vertreiben. Das Thema Drittanbieter-Druckerkartuschen ist den Originalherstellern (und Amazon) natürlich generell auch bekannt. Daher werden entsprechende Angebote recht schnell vom Markt genommen, wenn der Hersteller denn der Meinung ist, dass es sich um eine Patentverletzung handelt. Besonders "fleißig" ist hierbei Canon, der die meisten Tonerkartuschen für HP-Drucker produziert. Dazu ist dann nichtmal der Weg über Gerichte notwendig, sondern es reicht, dass man Amazon glaubhaft machen kann, dass hier was im Argen liegt.

Bei rein aufbereiteten und weitgehend unmodifizierten Kartuschen sieht die Sache aber etwas anders aus. In der Regel sind solche Angebote nicht zu beanstanden - zumal man ja auch zu einem wertvollen Anteil für den Umweltschutz beiträgt. Selbst HP winkt solche (unmodifizierten) Kartuschen durch und sperrt diese nicht. Es kann jedoch notwendig sein, dass sämtliche aufgedruckten, gravierten oder geprägten Warenzeichen entfernt werden.

"Alternativpatronen" für Canon PG-245BK/CL-245CL

Scheinbar haben sich dies einige Anbieter zunutze gemacht und bieten (vermutlich patentverletzende) Nachbauten für Druckkopfpatronen an. Sowohl auf der Packung, der Patrone selbst, dem Beschreibungstext und / oder auch bei den "Kompatibilitätsoptionen" von Amazon fällt dabei das Wort "remanufactured".

Zum einen schwebt man damit dann etwas unter dem Radar gegenüber den klagefreudigen Originalherstellern, aber auch gegenüber potenziellen Kunden kann man sein Produkt als ökologisch besonders wertvoll präsentieren.

Dies geschieht dann nicht nur zum Leidwesen von Brother, Canon, Epson und HP, sondern auch gegenüber den Drittanbietern, die sich tatsächlich die Mühe machen, solche Kartuschen kostenintensiv aufzubereiten. Zum einen kann man preislich kaum mithalten und zum anderen ist die schiere Masse von Suchergebnissen, in der seriöse Angebote trotz korrektem Suchbegriff untergehen, bei Amazon ein großes Problem.

Planet Green klagt wegen "irreführender Werbung" sowie "unlauterem Wettbewerb"

Um diesem Problem dem Ende ein Anfang zu bereiten, hat "Planet Green" nun den Weg über Gerichte gesucht. Man hat sich dazu bewusst zu einer Klage gegen Amazon und nicht gegen die Anbieter selbst entschieden. Bereits im Jahr 2022 hatte man Amazon ausreichend Beweise geliefert, dass es sich bei vielen gelisteten Angeboten mitnichten um aufbereitete Kartuschen handelt, sondern schlicht um Nachbauten, die mit dem Zusatz "aufbereitet" nicht den Grundsätzen des Online-Marktplatzes entsprechen.

Da eine Reaktion von Amazon komplett ausblieb, hat man den Weg der Klage gewählt. Der "Hauptangriffspunkt" ist dabei der Fakt der "irreführenden Werbung" als auch der "unlautere Wettbewerb". Den Streitwert hat man mit üppigen 500 Millionen Euro taxiert.

Zudem geht "Planet Green" auch davon aus, dass die verwendeten Recyclinglogos auf den entsprechenden Kartuschen frei erfunden sind und keine Konsequenz haben. Es ist davon auszugehen, dass für diese Artikel keine Maßnahmen ergriffen worden sind, um diese nach der Nutzung erneut aufzubereiten oder zumindest stofflich wiederzuverwerten. In den bestehenden Prozessen zur Aufbereitung von (oder auch bereits aufbereitetem) Originalmaterial ist dies nicht möglich.

Die Beweislast, die in der Klage detailliert dargestellt wird, scheint erdrückend. Durch Testkäufe konnte man nachweisen, dass Patronen von über 40 Marken/Anbietern offensichtlich nicht aufbereitet wurden. Besonders betroffen sind scheinbar die recht stark verbreiteten Kopfpatronen der Serie PG-245 (Pigmentschwarz) und CL-246 (3-Farb), die hierzulande unter der Serie PG-545, CL-546 mit einem anderen Regionalcode geführt werden.

So ist auf Abbildungen erkennbar, dass die als "remanufactured" (aufbereiteten) angebotenen Kartuschen aus einem anderen Material samt anderer Prägung und auch einem eigenen Druckchip samt Kontakten bestehen. Unter dem Mikroskop ist zudem eine komplett eigene und offenbar nachempfundene Struktur der Düsen zu erkennen. Was an diesen Kartuschen wiederverwendet sein soll, bleibt unklar.

Die durch Testkäufe ermittelten Fake-Aufbereiteten-Patronen füllen stolze drei Regalwände mit Asservaten. Planet Green hat in der Klageschrift zudem eine Liste mit Marken oder Anbietern zur Verfügung gestellt, von denen solche Patronen aufgedeckt wurden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass alle von diesen Firmen angebotenen Kartuschen falsch deklariert sind oder sogar Canon-Patente verletzten. Es ist weiterhin auch nicht bekannt, ob die auf dem deutschen Amazon-Markplatz angebotenen Kartuschen der entsprechenden Serie ebenfalls falsch deklariert sind.

Man sollte sich beim Kauf zudem nicht von Abbildungen lenken lassen. Erfahrungsgemäß werden zum Teil andere Produkte geliefert, als dargestellt werden. Das gilt aufgrund von (notwendigen) Designänderungen oder anderen Lieferanten jedoch generell für Tinten und Tonern von Drittanbietern.

Zumindest für den europäischen Markt gibt es das Label "ETIRA Certification Mark", welches vom gleichnamigen Aufbereiter-Verband (Mitglieder z.B. Delekamp oder KMP) aufgelegt wurde. An diesem Hologramm-Label lassen sich zertifizierte (aufbereitete) Kartuschen erkennen. Einige Anbieter (Pelikan, 3T/Peach) haben sich diesem Verband jedoch nicht angeschlossen.

Handelsmarken, unter denen "Planet Green" falsch deklarierte Patronen ausfindig gemacht hat

  • AAKidInk, Ankink
  • Batuto, BJ Ink Cartridge, BStink
  • CG Chinger, ColorKing, CSStar
  • Doreink
  • Ejet
  • FAcms, Fastink, Foiset, Forzik
  • Geshine, GPC Image, Greenbox, Greencycle
  • H&BO Topmae
  • Incwolf, Inkni, InkSpirit, Inktopia, Insmax
  • Jarbo, Janmore, Jonity
  • Kolor Expert
  • LxTek, Lucascolo
  • Mooho
  • Novajet
  • OnlyU
  • Palmtree
  • Reprinpic, Retch
  • Sellyaha, Sheengo
  • Teino
  • Upsek
  • Valker, ValueToner, V-Surlink
  • Witop
  • Yatunik
21.08.23 09:10 (letzte Änderung)

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