Ökodesign-Richtlinie der EU für Drucker

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Der Lobbyverband "EuroVAprint" arbeitet an einer freiwilligen Vereinbarung für reduzierte Umweltauswirkungen von Druckern und Verbrauchsmaterialien in Europa. Dabei arbeitet man nun offensichtlich auch mit Drittanbietern zusammen. Die Zeit ist knapp und das ganze geschieht nicht ohne Hintergedanken.

Erschienen am 4. September 2020 bei Druckerchannel.de, 1 Seite(n)

https://www.druckerchannel.de/artikel.php?ID=4277


Originalhersteller strecken Hände in Richtung Wiederbefüller aus

Bereits seit Oktober 2009 gibt es in der EU sogenannte Ökodesign-Richtlinien, die auf eine umweltgerechte Gestaltung "energieverbrauchsrelevanter Produkte" für den europäischen Binnenmarkt hinarbeiten.

Reguliert wurden bereits etliche Produkte. So zum Beispiel, wie hoch der Standby-Energiebedarf eines Elektrogerätes sein darf, oder in 2019, dass LED-Leuchtmittel nicht mehr fest verklebt, sondern wechselbar gestaltet werden müssen.

Der Bereich der "bildgebenden Geräte" (Drucker, Scanner, ...) wurde bis jetzt weitgehend in Ruhe gelassen. Dabei geht es nicht nur um die Geräte selbst, sondern auch um die wichtigen Verbrauchsmaterialien. So wäre es grundsätzlich im Interesse, dass diese so gestaltet sind, dass diese wiederbefüllbar sind - das steht jedoch im Gegensatz zu den Interessen der Druckerhersteller, die mit Tinten und Tonern oftmals mehr verdienen, als an den Druckern selbst. Gewandelt hat sich dies erst mit der Einführung von Tintentankdruckern und seinen "ungeschützten" Tintenflaschen.

Selbstregulierung statt EU-Richtlinie

Die bekannten Gegenmaßnahmen von teilweise scheinbar unnötigen Patenten, Aussperrung von Fremdmaterialien durch Firmwareupdates oder überflüssige elektronische Bauteile an den Kartuschen selbst, um die hohen Folgekosten zu sichern, sind nicht nur den Verbrauchern, sondern auch der EU ein Dorn im Auge. Bevor hier jedoch eine aufwändige Regulierung durchgeführt wird, geht man in der ersten Stufe auf die Hersteller zu und bittet diese um eigene Vorschläge, die Situation zu verbessern.


Um einen Gegenpart zu bilden, wurde der Lobby-Verband EuroVAprint von den Originalherstellern gegründet. Zu den Mitgliedern zählt quasi die gesamte Branche, namentlich derzeit Brother, Canon, Epson, HP, Konica Minolta, Kyocera, Lexmark, Oki, Sharp, Toshiba und Xerox.

Bereits im Jahr 2011 gab es die erste "Freiwillige Selbstverpflichtung" (Voluntary Agreement, "VA"), in der angekündigt wurde, dass man weniger Strom verbrauchen möchte, mehr Produkte recycelbar gestalten will und sich auch der Wiederverwendung von Tinten- oder Tonerkartuschen nicht explizit in den Weg stellt. Den guten Worten folgten allerdings nicht immer die gewünschten Taten.

So hat die Europäische Kommission Ende März 2020 einen letzten Warnschuss, unter anderem an die Druckerhersteller gerichtet, dass diese eine "ehrgeizige freiwillige Vereinbarung" unterzeichnen, um einer strengeren Regulierung zuvorzukommen.

Zitat, Europäische Kommission: Regulierungsmaßnahmen für Elektronik und IKT, ... im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie, damit die Geräte auf Energieeffizienz und Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Nachrüstbarkeit, Wartung, Wiederverwendung und Recycling ausgelegt werden. Das künftige Ökodesign-Arbeitsprogramm wird nähere Einzelheiten dazu enthalten. Drucker und Verbrauchsgüter wie Kartuschen werden ebenfalls einbezogen, es sei denn, der Sektor erzielt innerhalb der nächsten sechs Monate eine ehrgeizige freiwillige Vereinbarung.

Dass warme Worte hier nicht mehr viel ausrichten können, haben nun offenbar auch die Druckerhersteller erkannt. So arbeitet man derzeit intensiv an der neuen Revision der "VA", erstmals auch mit Wiederbefüllern zusammen, was zumindest dem letzten Entwurf vom 9. Juli 2020 zu entnehmen ist.

So wurden offenbar die Anbieter Armor (Frankreich), Clover (Hauptsitz in den USA), Delacamp (Deutschland), KMP (Deutschland) sowie die Schweizer 3T Supplys AG/Peach angesprochen, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Klar scheint wohl auch zu sein, dass es den Wiederbefüllern vorrangig darum geht, dass wiederbefülltes Originalmaterial nicht durch Sperren über die Elektronik (Chip) oder durch Aktualisierung der Firmware nachträglich ausgesperrt werden und diese somit für den Kunden als unzuverlässig gebrandmarkt werden, wie es bisher der Fall ist. Idealerweise will man beidseitige Verträge ("bilateral arrangements", BA) abschließen, um die Absichten eindeutiger zu formulieren.

Nicht ganz klar ist indes, ob es ausschließlich um aufbereitete Originalmaterialien geht, oder ob auch Nachbauten eingeschlossen sind. Schon jetzt werden mit Druckköpfen verdongelte Tintenpatronen aufgrund niedriger Füllmengen und Reichweiten teilweise unter zehn Euro angeboten, dass das Einsammeln und aufbereiten kaum noch lohnenswert ist. Anders sieht dies vor allem bei Tonerkartuschen aus, die in der Regel jedoch auch eine neue Belichtungseinheit benötigen. Bei Straßenpreisen von großvolumigen Behältern von bis zu 500 Euro sollten trotz Aufbereitung jedoch attraktive Margen erzielbar sein.

Die Zeit ist eng

Die Frist von sechs Monaten endet bereits am 11. September. Bis dahin soll es noch wöchentliche Gespräche zwischen den beiden gegenüberstehenden Gruppen geben. Eventuelle Übereinkünfte sollen dann an die Europäische Kommission zur Beratung eingereicht werden. Ist diese mit den Ergebnissen nicht zufrieden, soll im Frühjahr 2021 die Phase der Regulierung eingeleitet werden.

Vor allem die OEMs ("Original Equipment Manufacturer", Erstausrüster) haben also ein besonders hohes Interesse, dies abzuwenden. Die Frage ist, ob die Wiederbefüller das Entgegenkommen der Hersteller annehmen oder auf noch mehr Freiheiten durch eine Regulierung hoffen, die jedoch sicher noch mehr Zeit in Anspruch nehmen wird.

HP wohl treibende Kraft

Nach aktuellen Berichten von "The Recycler" soll HP die treibende Kraft bei der Handreichung mit den Wiederbefüllern sein. Zumal die von HP "abgestellte" Sara Rodriguez Martinez derzeit den Verband EuroVAprint führt.

Falls es nur zu Übereinkünften mit einigen Herstellern kommt, besteht die Gefahr, dass dies nicht als Lösung der Branche angesehen wird und folglich eine Regulierung der nächste Schritt sein könnte.

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